- Kirchenstaat: Entstehung
- Kirchenstaat: EntstehungAls die Langobarden unter König Aistulf Rom bedrohten und der byzantinische Kaiser Konstantin V. - gebunden durch den Bilderstreit - keinerlei militärische Intervention in Aussicht stellte, reiste Papst Stephan II. Hilfe suchend an den Hof des kurz zuvor (751) zum König der Franken erhobenen Pippin. In einer persönlichen Zusammenkunft wurde ein förmliches Bündnis geschlossen, in dem Pippin militärische Hilfe gegen die Langobarden sowie die Abtretung der von den Langobarden bereits eroberten oder bedrohten Gebiete (Dukat von Rom, Exarchat von Ravenna, Mittelitalien) versprach, obwohl dieser Besitz offiziell zum Byzantinischen Reich gehörte und Pippin hierüber keine Verfügungsgewalt besaß. Im Gegenzug verlieh der Papst Pippin und seinen Söhnen den Ehrentitel »patricius« der Römer, salbte sie erneut im Königskloster Saint-Denis mit dem heiligen Öl und bestätigte damit den unwiderruflichen Übergang der Königswürde auf Pippins Familie.In zwei Feldzügen (754, 756) brach Pippin darauf den langobardischen Widerstand und zwang König Aistulf zur Herausgabe der betroffenen Gebiete, die er nun - wenn auch nicht in dem vereinbarten Umfang - unmittelbar an den Papst übertrug, sodass durch diese »Pippinsche Schenkung« die Grundlage für die Entstehung des Kirchenstaates um Rom und Ravenna gelegt wurde (756).Die undurchsichtige Rechtslage, die dadurch entstanden war, dass sich Pippin praktisch über die Rechte des byzantinischen Kaisers hinweggesetzt hatte, gab dann wahrscheinlich Anlass zu einer der berühmtesten Fälschungen des Mittelalters, der »Konstantinischen Schenkung«, in der behauptet wurde, dass Kaiser Konstantin der Große dem Papst Silvester I. Rom mit den westlichen Reichsteilen geschenkt habe. Das Dokument ist vermutlich im 8. Jahrhundert in der Nähe von Reims entstanden, wurde jedoch erst seit dem Hochmittelalter vom Papsttum als propagandistische Waffe zur Durchsetzung seiner Herrschaftsansprüche eingesetzt.Nach der Niederwerfung des Langobardenreiches (774) bestätigte Karl der Große dem Papst zwar den Kirchenstaat in dem von Pippin verliehenen Umfang (781); zur Enttäuschung des Papstes weigerte er sich aber, die bereits mit Pippin vereinbarten und zunächst auch von ihm selbst zugestandenen weitergehenden Gebietsansprüche auf Mittelitalien zu erfüllen. Außerdem waren Karl und seine Nachfolger nicht bereit, die Oberherrschaft über das dem Papst übertragene Gebiet aufzugeben, sodass 824 von Kaiser Lothar I. festgelegt wurde, dass der Papst nach seiner Wahl dem Kaiser einen Treueid zu leisten habe und dass dem Kaiser die Kontrolle über die päpstliche Herrschaft zustehe.
Universal-Lexikon. 2012.